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Kriminalitätsbekämpfung bei rumänischen Kindern und Jugendlichen

Als pdf: 18/266 | Kriminalitätsbekämpfung bei rumänischen Kindern und Jugendlichen (Schriftliche Kleine Anfrage)


BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG 18. Wahlperiode

Drucksache

18/266
21. 05. 04

Schriftliche Kleine Anfrage
des Abgeordneten Klaus-Peter Hesse (CDU) vom 13.05.04 und

Antwort des Senats

Betr.: Kriminalitätsbekämpfung bei rumänischen Kindern und Jugendlichen Der Senat hat in der Drs. 17/3464 mitgeteilt, dass die Polizei zur Bekämpfung des Phänomens „osteuropäische Kriminalität“ eine Ermittlungsgruppe mit unterschiedlichen Schwerpunkten eingerichtet hat, die mit sechs Kriminalbeamten ausgestattet ist. Herausragendes Ziel dieser EG ist, unter Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten der Kriminalität rumänischer Minderjähriger und deren Hintermännern zu begegnen. Die Erfahrungen anderer Großstädte in den neunziger Jahren haben deutlich gemacht, dass die konsequente Bekämpfung der so genannten Patrone sowie die konsequente Rückführung der Minderjährigen das Interesse an der Stadt als Standort beseitigen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Unter dem in der Anfrage verwendeten Begriff der so genannten „rumänischen Klaukinder“ versteht die Polizei rumänische Staatsangehörige im Alter bis einschließlich 16 Jahren, die mit Eigentumsdelikten auffällig geworden sind. In verschiedenen Fällen stellt sich allerdings auch im Zuge polizeilicher Ermittlungen oder während der Durchführung ausländerrechtlicher Verfahren heraus, dass von Betroffenen unrichtige Angaben zum Lebensalter gemacht wurden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. 2. Wie viele so genannte rumänische Klaukinder gibt es derzeit in Hamburg? Wie viele rumänische Kinder und Jugendliche sind seit Oktober 2003 in Hamburg kriminell auffällig geworden? (Bitte Beantwortung und Auflistung analog zur Frage 1 der Drs. 17/3464.)

Die Koordinierungsstelle Eigentumskriminalität Osteuropäischer Tätergruppen beim Landeskriminalamt Hamburg registrierte für den Zeitraum 01.01. bis 31.12.2003 insgesamt 260 Eigentumsdelikte gemäß Strafgesetzbuch (StGB), die 89 rumänischen minderjährigen Tatverdächtigen im Alter bis 16 Jahren zugerechnet wurden. Im Zeitraum 01.01. bis 30.04.2004 konnten bislang 23 Eigentumsdelikte 17 rumänischen Minderjährigen im Alter bis zu 16 Jahren zugeordnet werden. Eine weitere Differenzierung ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich.


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3.

Wie viele der so genannten rumänischen Klaukinder sind bisher abgeschoben oder umverteilt worden, befinden sich in Haft oder sind ohne festen Wohnsitz in Hamburg? (Bitte getrennte Auflistung und aufgeschlüsselt nach Quartalen.)

Die Zahl der abgeschobenen Betroffenen seit Anfang 2003 ist der nachfolgenden Übersicht zu entnehmen: Quartal 01/2003 02/2003 03/2003 04/2003 01/2004 02/2004 (bis 17.05.2004) Gesamt Abschiebungen 1 4 8 18 11 8 50

Insgesamt sechs Betroffene wurden seit Anfang 2003 gemäß den asylverfahrensrechtlichen Vorschriften umverteilt. Zum Stand 17.05.2004 befanden sich 10 in Haft, bei 21 war der aktuelle Aufenthaltsort unbekannt. Eine nachträgliche Aufschlüsselung nach Quartalen ist in der für die Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Aufwand nicht möglich. 4. Wurden die Einrichtungen, in welche die Kinder in Rumänien überführt werden, hinsichtlich ihrer Eignung von den hiesigen Behörden überprüft? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

Die aus Hamburg zurückgeführten rumänischen Minderjährigen werden in der Regel in einer bestimmten Einrichtung untergebracht, von der sich zuvor Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der zuständigen Hamburger Behörden positive Eindrücke verschafft haben. Dieses staatliche Kinderheim, das die Kinder in Rumänien aufnimmt, ist am 17.10.2003 von einer Mitarbeiterin der Behörde für Soziales und Familie besichtigt worden. Dabei haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, die gegen eine Unterbringung von zurückkehrenden rumänischen Minderjährigen in dem Kinderheim sprechen. 5. Wie viele Patrone sind zu welchem Zeitpunkt in Hamburg festgenommen worden und welcher Straftaten wurden bzw. werden sie angeklagt?

Im Februar bzw. April 2004 wurden zwei erwachsene rumänische Staatsbürger als so genannte Hintermänner in Haft genommen, in einem Fall erfolgte zwischenzeitlich Haftverschonung. Die Beschuldigten stehen unter dem Verdacht des schweren Bandendiebstahls gemäß § 244 a StGB und der Schleusung gemäß § 92 a Ausländergesetz. 6. Mit welchen Mitteln werden – nach Kenntnis des Senats – die Kinder und Jugendlichen von ihren Patronen zu den Straftaten genötigt?

Siehe hierzu Drs. 17/3464, Antwort zu 3. 7. Ist es richtig, dass es sich bei den so genannten rumänischen Klaukindern hinsichtlich des Alters eigentlich um „Klau-Jugendliche“ handelt? Welche rechtliche Konsequenz hat dies? Welche Maßnahmen werden durchgeführt und sind geplant, um die Problematik der falschen Altersangaben der Kinder und Jugendlichen zu überprüfen?

8.

Bei den Personen handelt es sich um Geburtsjahrgänge zwischen 1983 und 1993. Die ausländer- und asylverfahrensrechtliche Handlungsfähigkeit setzt mit der Vollendung des 16. Lebensjahres ein, vgl. §§ 68 Ausländergesetz, 12 Asylverfahrensgesetz.

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Unter den Ermittelten befinden sich sowohl Kinder als auch ältere Personen. Gegen Personen, die mindestens 14 Jahre alt und damit strafmündig sind, werden Strafverfahren eingeleitet und strafprozessuale Maßnahmen durchgeführt. Gleiches gilt für Personen, bei denen sich im Zuge von ausländerrechtlichen und strafprozessualen Maßnahmen ein Lebensalter von 18 Jahren oder ein höheres Lebensalter herausstellt. Die zuständigen Behörden setzen bei offenkundigen Zweifeln an der Richtigkeit einer Altersangabe ein so genanntes fiktives Geburtsdatum fest, wonach der/die Betroffene ein Alter von mindestens 16 oder 18 Jahren hat, oder veranlassen eine medizinische Begutachtung des Alters durch das Institut für Rechtsmedizin (vgl. Antwort des Senats auf die Schriftliche Kleine Anfrage – Drucksache 17/178 –, Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft – Drucksache 16/1836 –). In einem ersten Schritt kann eine Altersbescheinigung durch einen Arzt des Instituts für Rechtsmedizin eingeholt werden. Gegen Tatverdächtige, die dabei als Jugendliche oder älter eingeschätzt werden, können strafprozessuale Maßnahmen getroffen werden. Die Altersbescheinigung beinhaltet keine radiologische und odontologische (zahnkundliche) Untersuchung und bedarf nicht der richterlichen Anordnung. Hinreichend sicher lässt sich das Alter nur durch ein medizinisches Gutachten bestimmen. Hierzu beantragt die Polizei über die Staatsanwaltschaft beim zuständigen Amtsgericht einen Beschluss zur körperlichen Untersuchung gem. § 81 a Strafprozessordnung. Aufgrund der zur Erstellung eines Altersgutachtens notwendigen radiologischen und odontologischen Untersuchungen muss die Maßnahme durch einen Richter angeordnet werden. Die Einführung weiterer Maßnahmen ist derzeit nicht geplant. 9. Gibt es eine Zusammenarbeit mit den rumänischen Behörden bezüglich der Identitäts- und Altersfeststellung? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht?

Eine Zusammenarbeit der zuständigen Hamburger Behörden gibt es über das rumänische Ministerium für Verwaltung und Inneres, mit dem Verbindungsbeamten der rumänischen Botschaft in Berlin sowie über den Verbindungsbeamten des Bundesgrenzschutzes in Bukarest mit den rumänischen Grenzbehörden. Die Arbeitskontakte ermöglichen eine Überprüfung von Identitäten und Altersangaben, sofern die Betroffenen in Rumänien behördlich erfasst sind. 10. Gab es zum Themenkomplex der Kriminalität durch rumänische Kinder und Jugendliche Gespräche, Treffen oder Kooperationen mit anderen Bundesländern? Im Rahmen behördenübergreifender Gespräche zur Umsetzung von Maßnahmen gegen den Missbrauch rumänischer Minderjähriger zur Begehung von Straftaten gab es eine Beteiligung von polizeilichen und justiziellen Stellen aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen.

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