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Jugendkriminalität in Hamburg am Beispiel Langenhorn

Als pdf: 16/60 | Jugendkriminalität in Hamburg am Beispiel Langenhorn (Schriftliche Kleine Anfrage)


BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG 16. Wahlperiode

Drucksache

16/60
18.11. 97

Schriftliche Kleine Anfrage
des Abgeordneten Klaus-Peter Hesse (CDU) vom 06.11.97 und

Antwort des Senats

Betr.: Jugendkriminalität in Hamburg am Beispiel Langenhorn
Presseberichten zufolge ist in den letzten Monaten die Zahl der durch Jugendliche begangenen Straßenraube in Langenhorn überdurchschnittlich gestiegen. Polizei und Sozialarbeiter sollen angeblich keinen Zugang zu diesen Jugendlichen finden.
Wie der Senat bereits in seiner Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage betr. „Polizeirelevante jugendliche Problemgruppen/-gruppierungen (,Jugendbanden’)“ – Drucksache 15/4273 – ausgeführt hat, werden für Gruppen und gruppenähnliche Zusammenschlüsse von Jugendlichen die Begriffe „Jugendgruppen“ bzw. „Jugendgruppierungen“ verwendet; der Begriff „Jugendbanden“ weckt den Anschein fester Strukturen und eines organisationsmäßigen Aufbaus, die nach derzeitigen polizeilichen Erkenntnissen in Hamburg bei keiner Jugendgruppierung vorhanden sind. Seit Beginn des Jahres 1997 stellen das Polizeirevier 34 (Langenhorn) und das Kriminalkommissariat 34 in zunehmendem Maße eine Reihe von Taten fest, bei denen sich der Tatverdacht auf etwa 30 Kinder und Jugendliche im Alter von elf bis 17 Jahren konzentriert. An der Begehung der Straftaten und Ordnungswidrigkeiten beteiligen sich diese in unterschiedlicher Zusammensetzung. Etwa sechs Kinder und Jugendliche werden wiederkehrend auffällig. Nach Erkenntnissen der Polizei treffen sich die Kinder und Jugendlichen ohne feste Regularien oder Absprachen fast täglich am Langenhorner Markt. Die Anzahl der Straßenraube in Langenhorn ist entgegen der Berichterstattung in der Presse nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen nicht gestiegen, sondern im Vergleich zum Vorjahr rückläufig. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

1. Seit wann ist bekannt, daß Kinder und Jugendliche als Bande organisiert in Langenhorn Straftaten begehen? 2. Wie viele Kinder und Jugendliche gehören zu dieser Bande, und in welchem Alter sind sie?
Siehe Vorbemerkung.

3. Wie viele Straftaten und Ordnungswidrigkeiten wurden festgestellt, die dieser Gruppierung zuzurechnen sind, und um welche Straftaten handelt es sich im einzelnen?
Seit Juni 1997 werden die Straftaten, die diesem Zusammenhang zuzurechnen sind, speziell ausgewer tet. Es wurden 51 Straftaten registriert, Ordnungswidrigkeiten werden nicht statistisch erfaßt. Bei den Straftaten handelt es sich um 18 einfache und sieben schwere Diebstähle, elf Sachbeschädigungen, sieben Körperverletzungen, fünf Raube, zwei Hausfriedensbrüche sowie eine Bedrohung und Beleidigung. Für Angaben über Straftaten vor Juni 1997 wäre eine Auswertung aller Handakten der zuständigen Dienststellen erforderlich; dies ist in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit und mit vertretbarem Aufwand nicht möglich.

4. Aus welchen Stadtteilen kommen die Mitglieder dieser Kinder- und Jugendbande?
Diejenigen Kinder und Jugendlichen, die immer wieder an Straftaten und Ordnungswidrigkeiten beteiligt sind, kommen aus Langenhorn. Im übrigen siehe Vorbemerkung.

Bürgerschaftsdrucksachen – außer Senatsvorlagen – sind – gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier – zu beziehen bei: Druckerei Wartenberg & Söhne GmbH, Theodorstraße 41 w, 22761 Hamburg, Telefon 89 97 90 - 0


Drucksache 16/60

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 16. Wahlperiode

5. Sind dem Senat weitere Jugendbanden in Hamburg bekannt? Wenn ja: Wie viele und wo?
Siehe Vorbemerkung. Im übrigen bilden sich Gruppen bzw. Gruppierungen überwiegend für kürzere Zeiträume. Der Senat sieht wie bisher auch weiterhin davon ab, einzelne namentlich bekannte Jugendgruppen zu nennen. Erfahrungen haben gezeigt, daß die öffentliche Erwähnung derartiger Gruppen und Gruppierungen und die damit verbundene Publizität zu ihrer Aufwertung führen und neuerliche Straftaten oder polizeilich relevante Verhaltensweisen nach sich ziehen, u. U. auch gesteigerte strafrechtlich relevante Aktivitäten konkurrierender Gruppen provozieren können. Des weiteren würden damit auch die Anstrengungen von Jugendhilfe und Polizei, die Aktivitäten derartiger Jugendgruppierungen wirksam zu unterbinden, entscheidend beeinträchtigt.

6. a) Welche Maßnahmen wurden von Polizei und Sozialarbeitern durchgeführt, um die von den Kindern und Jugendlichen ausgehende Gewalt zu unterbinden?
Das Polizeirevier 34 sowie das Kriminalkommissariat 34 haben in Abstimmung und Koordination mit der Polizeidirektion (PD) Ost, zum Teil beginnend ab Februar 1997, eine Reihe von Maßnahmen im Hinblick auf die angesprochene Jugendgruppierung getroffen: – Auswer tung und Analyse aller Ermittlungsvorgänge, bei denen der Verdacht besteht, daß die beschriebenen Kinder und Jugendlichen beteiligt sein könnten, sowie ständige Aktualisierung des Lagebildes – Einrichtung einer aus vier Sachbearbeitern bestehenden Arbeitsgruppe aus Mitarbeitern des Polizeireviers und des Kriminalkommissariats, die sich ausschließlich mit den Straftaten der Jugendgruppierung befaßt – Flexible, an den Tatzeitschwerpunkten ausgerichtete Dienstzeitgestaltung der kriminalpolizeilichen Mitarbeiter – Schwer punktmäßiger Einsatz der Dienstgruppe Jugendschutz der PD Ost im Bereich Langenhorner Markt und bei den dortigen Jugendeinrichtungen, insbesondere Führung von Gesprächen mit Tätern, Opfern und Eltern – Stationierung eines „mobilen Polizeireviers“ und verstärkte Präsenz am Langenhorner Markt durch uniformier te Polizeibeamte des Reviers sowie der PD Ost und der Bereitschaftspolizei – Täterorientier ter Einsatz von Zivilfahndern – Er teilung von Platzverweisen – Informationsaustausch mit der Polizei Norderstedt – Zusammenarbeit mit dem Amt für soziale Dienste. Am 7. November 1997 haben Vertreter des zuständigen Bezirksamtes, der freien Jugendhilfe, des Polizeireviers 34, des Kriminalkommissariats 34 und des Jugendbeauftragten der PD Ost sowie Gewerbetreibende am „Runden Tisch“ des Ortsamtes Fuhlsbüttel vereinbart, die Jugendlichen aktiv in die Lösung des Problems einzubeziehen.

6. b) Ist in Langenhorn das von der Polizei im Februar 1997 ausgearbeitete Konzept zur Jugendgruppengewalt zum Tragen gekommen?
Ja. Siehe Antwort zu 6. a).

7. Bestehen in Hinblick auf die Vorfälle in Neuwiedenthal auch in Langenhorn Überlegungen, Hilfsangebote zu schaffen, durch die die Aussagebereitschaft jugendlicher Opfer erhöht und die Angst vor Repressalien vermindert wird?
Um die Aussagebereitschaft von jugendlichen Opfern zu erhöhen, haben Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Dienstgruppe Jugendschutz der PD Ost mit Opfern Gespräche geführt. Im Rahmen des Präventionsprogramms Kinder- und Jugenddelinquenz suchen die Jugendbeauftragten der PD Ost Schulen auf, stellen das Programm vor und ermöglichen einen breit angelegten vertrauensbildenden Kontakt zu Schülerinnen und Schülern, auch als potentiellen Opfern. Im übrigen ist davon auszugehen, daß z. B. von den stadtweiten Aktionen „Gemeinsam gegen Angst und Gewalt“ und „Tu was – Schüler gegen Gewalt“, die von dem Amt für Jugend und der Polizei durchgeführ t wurden und auf eine Stärkung des Selbstbewußtseins der Jugendlichen abzielten, eine indirekte Wirkung auch auf die Aussagebereitschaft jugendlicher Opfer ausgeht.

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