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Geschlossene Psychiatrie des AK Ochsenzoll

Als pdf: 16/382 | Geschlossene Psychiatrie des AK Ochsenzoll (Schriftliche Kleine Anfrage)


BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG 16. Wahlperiode

Drucksache

16/382
13. 02. 98

Schriftliche Kleine Anfrage
des Abgeordneten Klaus-Peter Hesse (CDU) vom 04. 02. 98 und

Antwort des Senats

Betr.: Geschlossene Psychiatrie des AK Ochsenzoll
In den letzten Jahren ist es wiederholt zu nicht genehmigten Freigängen und Ausbrüchen von psychisch kranken Straftätern aus dem ehemaligen AK Ochsenzoll, jetzt Klinikum Nord, gekommen.
Bei psychisch kranken Straftätern und Straftäterinnen kann ein Gericht freiheitsentziehende Maßregeln der Besserung und Sicherung nach §§ 63 und 64 StGB anordnen. In Haus 18 des Klinikums Nord – Betriebsteil Ochsenzoll – wird die Maßregel nach § 63 StGB vollzogen. Der Senat geht davon aus, daß sich die vorliegende Anfrage auf den Vollzug dieser Maßregel bezieht und nicht auf die übrigen psychiatrischen Abteilungen des Krankenhauses. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen, zum Teil auf Grundlage von Auskünften des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK Hamburg), wie folgt.

1. Welche Entweichungen von Straftätern hat es seit April 1997 aus der geschlossenen Psychiatrie des AK Ochsenzoll gegeben? Hierzu erbitte ich folgende Angaben: a) Datum des Ausbruchs b) Datum der erneuten Einlieferung c) Schwachstelle, durch welche der Ausbruch gelang d) Konsequenzen aus den jeweiligen Ausbrüchen e) Straftaten, aufgrund derer der Straftäter zuletzt verurteilt wurde f) eventuelle Straftaten nach der Entweichung aus dem AK Ochsenzoll.
Seit April 1997 ist es zu keinem Ausbruch aus den Einrichtungen des Maßregelvollzugs des Klinikum Nord – Betriebsteil Ochsenzoll – gekommen. Es waren allerdings am 5. September 1997 und am 19. Januar 1998 zwei Entweichungen aus Maßnahmen der Unterbringungslockerung heraus zu verzeichnen. In einem Fall wurden in der Folge personelle Konsequenzen gezogen. Soweit bekannt, wurden Straftaten während der Entweichungen nicht begangen. Im übrigen wird auf die Antwort des Senats auf die Schriftliche Kleine Anfrage Drucksache 16/372 verwiesen.

Bürgerschaftsdrucksachen – außer Senatsvorlagen – sind – gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier – zu beziehen bei: Druckerei Wartenberg & Söhne GmbH, Theodorstraße 41 w, 22761 Hamburg, Telefon 89 97 90 - 0


Drucksache 16/382

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2. In der Schriftlichen Kleinen Anfrage (Drucksache 15/4098) vom 20. Oktober 1995 wird auf die Frage baulicher Veränderungen nach dem Ausbruch von Thomas Holst vom Senat mitgeteilt, daß das bauliche Sicherheitskonzept von Haus 18 des ehemaligen AK Ochsenzoll überprüft wurde. a) Wann wurde die Überprüfung des baulichen Sicherheitskonzeptes von Haus 18 abgeschlossen? b) Wurden bisher konkrete bauliche Veränderungen durchgeführt? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? c) Sieht der Senat die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen der baulichen Sicherung? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? d) Hat der Senat außer der Überprüfung baulicher Sicherheitsmängel im Haus 18 andere Arten der Sicherung beim Maßregelvollzug in Betracht gezogen? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?
Siehe Drucksache 16/372, Antworten zu 7. und zu 13.

3. Betrachtet der Senat angesichts der vielen Vorfälle im AK Ochsenzoll bzw. Klinikum Nord das Hamburger Maßregelvollzugsgesetz (HmbMVollzG) noch für angemessen hinsichtlich der Behandlung von Straftätern sowie zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger?
Ja. Die Ausbrüche bzw. Entweichungen aus Maßnahmen der Unterbringungslockerungen heraus standen in keinem kausalen Zusammenhang mit den Regelungen des Hamburgischen Maßregelvollzugsgesetzes (HmbMVollzG). Es wird daher kein Anlaß zu einer Novellierung gesehen.

3. b) Wenn nein, wann und inwieweit beabsichtigt der Senat das Hamburger Maßregelvollzugsgesetz zu ändern?
Entfällt.

4. Was genau und im einzelnen regelt der Beschluß der Geschäftsführung des LBK zum Maßregelvollzug in Ergänzung zum HmbMVollzG, und hält der Senat diesen Beschluß für ausreichend? Wenn nein: Was sollte nach Meinung des Senates in diesem Beschluß der Geschäftsführung des LBK geändert werden?
Der Beschluß der Geschäftsführung des LBK Hamburg regelt die Durchführung des HmbMVollzG im Klinikum Nord – Betriebsteil Ochsenzoll –. Er umfaßt die erforderlichen Regelungen zu den Zuständigkeiten sowie zu den Dokumentations- und Aufsichtspflichten. Die Regelungen sind nach Auffassung der zuständigen Fachbehörde ausreichend.

5. Beim Fall des mittlerweile gefaßten Kunstschänders Hans-Joachim Bohlmann ist deutlich geworden, daß richterliche Anordnungen unmittelbar in die Therapie und Rehabilitation der nach dem Hamburger Maßregelvollzug im Klinikum Nord behandelnden Personen eingreifen. a) Wie viele Personen werden zur Zeit im Klinikum Nord behandelt, bei denen richterliche Anordnungen berücksichtigt werden müssen, und wie viele waren es in den letzten Jahren? b) Bei wie vielen dieser Personen widerspricht bzw. widersprach die richterliche Weisung der von den verantwortlichen Ärzten vorgesehenen Therapie und Beurteilung, und worin im einzelnen unterscheidet sich bei den derzeitigen Patienten die richterliche Weisung von der von den verantwortlichen Ärzten vorgesehenen Therapie und Beurteilung? c) In wie vielen dieser Fälle ist den Richtern bekannt, daß ihre Anweisungen nicht mit der Beur teilung der verantwortlichen Ärzte übereinstimmen, und in wie vielen Fällen wurde aufgrund des Wissens über das Vorliegen eines Widerspruchs zwischen richterlicher Anweisung und der Beurteilung der verantwortlichen Ärzte eine richterliche Anweisung revidiert? d) Betrachtet der Senat die Fälle, bei denen ärztliche Therapien und Beurteilungen durch richterliche Anweisungen außer Kraft gesetzt oder zumindest behindert werden, als angemessen? e) Ist im Fall Hans-Joachim Bohlmann dem zuständigen Richter bekannt gewesen, daß die ärztliche Beurteilung der richterlichen Weisung widersprach? Wenn nein, warum haben die behandelnden Ärzte dem zuständigen Richter nicht mitgeteilt, daß die ärztliche Beurteilung seiner Anweisung widerspricht? Wenn ja, wann und von wem wurde der zuständige Richter über die unterschiedliche Bewertung in Kenntnis gesetzt?
Bereits die Anordnung der Maßregel und die Entscheidung im Rahmen der jährlichen Überprüfung nach § 67 e StGB über die Fortdauer der Unterbringung, bei der auch gutachterliche Stellungnahmen der behandelnden Ärzte/Ärztinnen eingeholt werden, sind richterliche Entscheidungen. Aus diesem Grund sind grundsätzlich bei allen im Maßregelvollzug untergebrachten Patienten richterliche Anordnungen oder Anregungen zu berücksichtigen. Durch den regelmäßigen Austausch über Gefährdungspotential und Prognose des Untergebrachten ist dem zuständigen Richter bzw. der Richterin die Einschätzung der behandelnden Ärzte und/oder Ärztinnen in jedem Fall bekannt; dies gilt auch für den in Frage 5 e) angesprochenen Einzelfall, in dem das Klinikum Nord von der Strafvollstreckungskammer zuletzt mit Beschluß vom 18. Februar 1997 aufgefordert wurde, den Untergebrachten schrittweise in zunehmenden Lockerungen zu erproben. 2


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Drucksache 16/382

Zur Zeit sind 74 Patienten in Haus 18 untergebracht. Am 11. Februar 1997 waren es 65, am 27. Februar 1996 58 Patienten. In wie vielen Fällen abweichende Einschätzungen zwischen der zuständigen Strafvollstreckungskammer und dem Klinikum Nord bestanden oder eine „richterliche Anweisung revidier t“ wurde, wird im einzelnen nicht erfaßt und wäre nur durch eine Auswertung aller Einzelakten ermittelbar, die im Rahmen der zur Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Aufwand nicht zu leisten ist; im allgemeinen wird aber ein Konsens erreicht. Im übrigen siehe Drucksache 16/372, Antworten zu 3. a) und b) und zu 12.

5. In den letzten Jahren konnten sich Patienten durch fehlerhaftes Verhalten des betreuenden Personals unerlaubt entfernen. a) Nach welchen Kriterien werden die Bediensteten beim Maßregelvollzug ausgewählt? b) Was wird unternommen, um zu verhindern, daß es zu persönlichen Kontakten und Verhältnissen zwischen Patienten und Bediensteten kommt? c) Welche Anforderungen werden an Bedienstete gestellt, die im Rahmen der Vollzugslockerung nach § 21 HmbMVollzG Patienten begleiten?
Die Auswahl von im Maßregelvollzug eingesetzten Bediensteten orientiert sich an den allgemein für eine Personalauswahl üblichen Kriterien unter besonderer Berücksichtigung der Geeignetheit für das vorgesehene Aufgabengebiet; dies gilt auch für die Begleitung im Rahmen von Vollzugslockerungen nach § 21 HmbMVollzG. Darüber hinaus sind Maßnahmen der Fort- und Weiterbildung sowie regelmäßige Supervision feste Bestandteile der Arbeit im Maßregelvollzug. Soweit der Eindruck entsteht, daß es zwischen Personal und Patienten zu einer zu engen Beziehung kommt, werden die betroffenen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter aus dem Haus 18 versetzt.

6. Wie lautet die für die Vollzugseinrichtungen im AK Ochsenzoll erlassene Hausordnung nach dem Hamburgischen Maßregelvollzugsgesetz, § 20 (bitte im Wortlaut angeben)?
Die Hausordnung stützt sich auf die Bestimmungen des HmbMVollzG und enthält Einzelregelungen der Rechte und Pflichten der Patienten z. B. zum Tagesablauf, zur Freizeitgestaltung, zur Verfügung über Geld und zur Besuchsregelung.

7. Welche finanziellen Zuwendungen erhalten die Patienten im Haus 18 durchschnittlich pro Monat (bitte nach Zuwendungsart: Taschengeld, Arbeitsentgelt und sonstiges)?
Die Patienten erhalten nach § 31 (1) HmbMVollzG Taschengeld analog den Grundsätzen und Maßstäben des Bundessozialhilfegesetzes. Dies sind zur Zeit 161,70 DM monatlich. Soweit die Patienten an der internen Arbeitstherapie teilnehmen, erhalten sie zusätzlich eine monatliche Arbeitsprämie in Höhe von 120 DM.

8. Wie viele Patienten werden zur Zeit in Haus 18 betreut? Wie viele von diesen nehmen an Berufsausbildungen, beruflichen Fortbildungsmaßnahmen oder einer Umschulung teil? Welche Kosten sind damit verbunden?
Siehe Antwort zu 5. a) bis e). Keiner der derzeitigen Patienten von Haus 18 befindet sich in einer Berufsausbildung, beruflichen Fortbildungsmaßnahme oder Umschulung. Ein Patient hat Anfang des Jahres einen Fernlehrgang abgeschlossen; an den Kosten hierfür hat sich das Klinikum mit monatlich 50 DM beteiligt.

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