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Barrierefreiheit im öffentlichen Personennahverkehr auf Kosten der Stadtbahn

Als pdf: 20/178 | Barrierefreiheit im öffentlichen Personennahverkehr auf Kosten der Stadtbahn (Schriftliche Kleine Anfrage)


BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG 20. Wahlperiode

Drucksache

20/178
19.04.11

Schriftliche Kleine Anfrage
der Abgeordneten Klaus-Peter Hesse und Katharina Wolff (CDU) vom 11.04.11 und

Antwort des Senats

Betr.:

Barrierefreiheit im öffentlichen Personennahverkehr auf Kosten der Stadtbahn? Der Senat hat am 6. April 2011 auf die Schriftliche Kleine Anfrage (SKA) mit der Drs. 20/94 bestätigt, dass weitere Stationen der HOCHBAHN beschleunigt barrierefrei ausgebaut werden sollen. Damit soll das von Bürgermeister Scholz avisierte Ziel angestrebt werden, bis 2020 alle Stationen der HOCHBAHN ausgebaut zu haben. In einer Pressekonferenz (PK) der Hamburger Hochbahn AG (HHA) vom 01. April 2011 wurden bereits die bis 2015 geplanten Stationen mitgeteilt und dass die Finanzierung aus den jetzt wieder vorhandenen Bundesmitteln (Regionalisierungs- und Entflechtungsmittel) erfolgen solle, die nicht mehr für die Stadtbahnrealisierung benötigt würden. In der Antwort auf die SKA 20/94 werden als weitere Finanzierungsmittel zudem die Stellplatzabgabe und originäre hamburgische Haushaltsmittel genannt. Zudem teilte HOCHBAHN-Chef Elste am 1. April 2011 auf der PK mit, dass er das Programm begrüße und kritisierte zugleich die Politik der vergangenen 15 Jahre („Hamburger Abendblatt“ vom 02. April 2011). Wir fragen den Senat unter Bezugnahme auf die Antwort aus der SKA 20/94:

Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN) und des Hamburger Verkehrsverbunds (HVV) wie folgt: 1. Kennt der Senat die vom HVV herausgegebene Information „Barrierefrei unterwegs“? Wenn ja, warum antwortet er dann in der SKA, dass er zum Einsatz von Niederflurbussen im Umland keine ausreichenden Aussagen treffen kann? Ja. Die HVV-Information „Barrierefrei unterwegs“ informiert zwar über generelle Fragen der Barrierefreiheit, auch im Bereich des Busverkehrs im Umland, diese Aussagen betreffen allerdings relativ pauschal ganze Linien. Die Frage 4. der Schriftlichen Kleinen Anfrage 20/94 lässt sich hiermit inhaltlich nicht beantworten. 2. Wann wird die derzeit stattfindende Feinabstimmung der „Fortschreibung der Prioritätenempfehlung zum barrierefreien Umbau von Schnellbahnstationen in Hamburg“ voraussichtlich abgeschlossen sein? a) Was versteht der Senat unter „Feinabstimmung“?

Mit Feinabstimmung ist ein Abgleich der betrieblichen-, verkehrlichen- und Mobilitätsaspekte sowie der technische Machbarkeit zwischen den Interessengruppen gemeint. Der Abschluss dieser Feinabstimmung wird bis zum Ende des 2. Quartals 2011 angestrebt. Danach steht fest, welche Haltestellen bis 2015 technisch barrierefrei ausgebaut werden können. Ein Umsetzungszeitplan wird erstellt, sobald die notwendigen Finanzierungsmittel haushaltsrechtlich abgesichert sind.


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b)

Zu wann gedenkt der Senat, die Bürgerschaft mit dem Thema zu befassen?

Der barrierefreie Ausbau von Schnellbahnhaltestellen ist Aufgabe der für die Infrastruktur zuständigen Unternehmen. Eine Befassung der Bürgerschaft ergibt sich hieraus nicht. c) Wird nach der „Feinabstimmung“ für alle noch nicht umgebauten Haltestellen ein Umsetzungszeitplan vorliegen?

Siehe Antwort zu 2. und 2. a). 3. Was versteht der Senat unter „stärkeren Standardisierungen“ als Argument für eine Abweichung von der Prioritätenempfehlung?

Ist gemeint, dass bei Haltestellen gleichen Bautyps oder mit ähnlichen technischen Rahmenbedingungen geprüft werden soll, ob eine gleichzeitige Bearbeitung der Baumaßnahme effizienter ist. Für den Fall, dass dies zutrifft, könnte ein Abweichen von der Prioritätenempfehlung sinnvoll sein. 4. Wird bei der Feinabstimmung auch an die Bedürfnisse von Fahrradfahrern gedacht (zum Beispiel ausreichende Größe der Personenaufzüge zum Transport von Fahrrädern) und ist zum Beispiel die Einbindung von ADFC vorgesehen?

Nein. Die Bedürfnisse von Fahrradfahrern sind kein vorrangiges Kriterium für diese Feinabstimmung. Eine Einbindung des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs e.V. (ADFC) ist hier nicht vorgesehen. 5. Wie viel der Regionalisierungs- und Entflechtungsmittel werden für das Beschleunigungsprogramm benötigt und wie hoch sind die jährlichen Restmittel bis 2015 (bitte jährliche Aufstellung)? Wie viele Mittel aus der in der Drs. 20/94 erwähnten Stellplatzabgabe und wie viele originäre hamburgische Haushaltsmittel sollen in den nächsten vier Jahren in den Umbau fließen (bitte jährliche Aufstellung)?

Die Frage kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden, da die notwendigen Prüfungen zur Umsetzung und zu den Kosten noch nicht abgeschlossen sind. 6. Welche in der Antwort auf die SKA 20/94 erwähnten Förderregelungen des Bundes sind bei der Auswahl der Haltestellen zu berücksichtigen und wie hat sich das konkret bei der Hamburger Auswahl finanziell und bei der Prioritätenfindung ausgewirkt?

In der Vergangenheit waren insbesondere die zeitlichen Restriktionen bei Mitteln aus den Konjunkturprogrammen des Bundes zu berücksichtigen. Da die Mittel nur innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens zur Verfügung standen, mussten damit die Haltestellen umgebaut werden, bei denen die Baumaßnahmen soweit vorbereitet waren, dass diese rechtzeitig beginnen und die Mittel damit rechtzeitig abfließen konnten. Zudem kann die Zweckbestimmung der jeweiligen Finanzierungsquelle des Bundes die Auswahl der Haltestellen beeinflussen. Welche Finanzierungsquellen des Bundes konkret genutzt werden, wurde noch nicht festgelegt. 7. Wie kann die HHA auf der PK am 01. April 2011 ein Beschleunigungsprogramm mit konkreten Stationen vorstellen, wenn der Senat in der SKA mitteilt, dass es lediglich für die Haltestelle Berliner Tor eine Kostenkalkulation gibt? Ist es richtig, dass das in der PK am 01. April 2011 vorgestellte Beschleunigungsprogramm Barrierefreiheit im Zeitraum vom 23. März bis zum 30. März 2011 entstanden ist? Wenn ja, wann wurde hierfür der Auftrag von wem an die Hamburger Hochbahn erteilt und wer war an der Erstellung des Programms beteiligt und woher kommen die Kostenschätzungen für die Stationen?

8.

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Wenn nein, wann wurde der Auftrag für das Beschleunigungsprogramm von wem erteilt, seit wann wird daran von wem gearbeitet und woher kommen die Kostenschätzungen für die einzelnen Maßnahmen? Öffentliche Unternehmen wie die Hamburger Hochbahn AG unterstützen die Zielsetzungen des Senats und entwickeln im Rahmen ihrer Verantwortung für die Infrastruktur Vorschläge zur Umsetzung dieser Vorgaben. Ein Auftrag wurde nicht erteilt. Die HOCHBAHN hat unter Bezugnahme auf die Regierungserklärung vom 23. März 2011 vorgestellt, was aus betrieblich/technischer Sicht realisierbar erscheint. Die angegebenen Kosten basieren auf groben Schätzungen anhand von Erfahrungswerten früherer Projekte. Das Programm entstand auf Initiative der HOCHBAHN. Es beruht auf Überlegungen der letzten zwei Jahre für eine Beschleunigung des barrierefreien Ausbaus. 9. Ist es möglich, dass bei der Erstellung der Prioritätenliste mit dem HVV, der HOCHBAHN, der DB Station&Service AG, der zuständigen Behörde, der Senatskoordinatorin für die Gleichstellung der behinderten Menschen in der Freien und Hansestadt Hamburg, der Hamburger Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen e.V. und dem LandesSeniorenbeirat Hamburg noch Änderungen erfolgen? Wenn ja, warum wurden dann die einzelnen Stationen der HHA bis 2015 schon vorgestellt und Erwartungen an deren Realisation erweckt? Wenn nein, warum soll es noch zu einer Einbindung kommen, wenn das Ergebnis schon feststeht? Ja. Die HOCHBAHN hat in der Pressemitteilung bewusst darauf hingewiesen, dass die Prioritätenliste noch nicht endgültig ist, damit keine falschen Erwartungen an die Reihenfolge der Baumaßnahmen geweckt werden. 10. Ist das Projekt Stadtbahn mit der Umwidmung der Bundesmittel endgültig beendet? Wenn ja, welche weiteren für das Projekt eingestellten Mittel in welcher Höhe gedenkt der Senat wie zu nutzen und wann wird mit den Planungen für die Erschließung von Steilshoop, Osdorf und den Arenen begonnen? Wenn nein, was sind die nächsten Schritte zur Realisierung einer Stadtbahn in Hamburg? Der Erste Bürgermeister hat in seiner Regierungserklärung festgestellt, dass die Stadtbahn zwar eine gute Idee gewesen sei, Hamburg sich jedoch ein neues Nahverkehrssystem nicht leisten könne. Ein entsprechender Senatsbeschluss wird derzeit vorbereitet. Weitere Schritte zur Realisierung einer Stadtbahn in Hamburg werden nicht unternommen. Im Übrigen sind die Planungen der zuständigen Behörden noch nicht abgeschlossen. 11. Wie kommt der Senat zu der Auffassung, dass bis 2015 nur vier Stationen umgebaut werden sollten? Hat es hierzu eine Anweisung an die HOCHBAHN gegeben? Wenn ja, von wem und wann? Bisher hat die HOCHBAHN auf Basis der von der Stadt Hamburg im Rahmen der mittelfristigen Investitionsplanung in Aussicht gestellten Fördermittel den Umbau von vier Haltestellen bis 2015 vorgesehen. Eine Anweisung hat es nicht gegeben. Im Übrigen siehe Antwort zu 2. b). 12. Wann hat sich die HHA in den letzten 15 Jahren an die Politik oder die Öffentlichkeit gewandt, um einen zügigeren barrierefreien Ausbau der Stationen einzufordern (bitte Benennung des Datums und des Adressaten) und der Kritik von HHA-Chef Elste Rechnung zu tragen?

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Die HOCHBAHN hat in der Vergangenheit nachhaltig eine Forcierung und stärkere finanzielle Förderung des barrierefreien Haltestellenausbaus gefordert. Beispiele aus jüngster Zeit sind: • 30. September 2009: Schreiben des Vorstands Herrn Sieg an die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU)/Herrn Staatsrat Dr. Winters „Fortschreibung/ Intensivierung barrierefreier Haltestellenausbau bei der U-Bahn“, 31. Mai 2010: Schreiben der Vorstände Herrn Elste und Herrn Sieg an die BSU/ Frau Senatorin Hajduk „Intensivierung barrierefreier Ausbau von U-Bahn-Haltestellen“, 23. Februar 2011: Schreiben der Vorstände Herrn Elste und Herrn Sieg an die Senatskoordinatorin für behinderte Menschen „Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Hamburg“. 13. Ist es richtig, dass die Hamburger Hochbahn sich in den letzten Jahren stets für die Verwendung der Regionalisierungs- und Entflechtungsmittel zur Finanzierung der Stadtbahn ausgesprochen hat? Wenn ja, wie erklärt sich der Senat vor diesem Hintergrund die Kritik von HHA-Chef Elste? Wenn nein, wann hat die Hamburger Hochbahn der Politik andere Finanzierungsvorschläge für die Realisierung der Stadtbahn gemacht? Nein. Die HOCHBAHN hat der Politik für den Kostenanteil, den die Stadt Hamburg zu tragen gehabt hätte, keine Finanzierungsvorschläge gemacht.





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