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Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen

Als pdf: 16/1463 | Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (Schriftliche Kleine Anfrage)


BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG 16. Wahlperiode

Drucksache

16/1463
06. 10. 98

Schriftliche Kleine Anfrage
des Abgeordneten Klaus-Peter Hesse (CDU) vom 28. 09. 98 und

Antwort des Senats

Betr.: Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen
Das Kinder- und Jugendhilfegesetz hat verschiedene Hilfsformen für die Hilfe zur Erziehung vorgesehen. In etlichen Fällen ist eine Herausnahme aus der Familie angezeigt, wobei behördliche Dienststellen die Betreuung der Jugendlichen übernehmen. Wenn Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht abgeben, bleibt ihnen zwar das elterliche Sorgerecht, aber die Verantwor tung für den regelmäßigen Schulbesuch übernehmen Vertreter der Behörden.
Bei einer Inobhutnahme gemäß § 42 Achtes Buch Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe – (SGB VIII) handelt es sich um eine vorläufige Schutzmaßnahme, die vom Jugendamt nur auf Bitten eines Kindes oder Jugendlichen oder von Amts wegen bei Vorliegen einer dringenden Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen verfügt werden kann. Die Inobhutnahme ist umgehend sorgerechtlich zu legitimieren. Dies geschieht durch Benachrichtigung und Zustimmung der Personensorge- oder Erziehungsberechtigten. Widersprechen diese, muss ihnen das Kind oder der Jugendliche übergeben oder eine Entscheidung des Vormundschaftsgerichts herbeigeführ t werden. Für die Inobhutnahme ist das Jugendamt zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche tatsächlich aufhält. Innerhalb Hamburgs sind dies die bezirklichen Jugendämter und außerhalb der regelmäßigen Dienstzeiten sowie für auswärtige Kinder und Jugendliche der Kinder- und Jugendnotdienst (KJND). Die Hilfe zur Erziehung ist eine Leistung, die auf Antrag gewährt wird, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Zuständig ist regelhaft das Jugendamt, in dessen Bereich die Personensorgeberechtigten leben. In das Aufenthaltsbestimmungs- und Erziehungsrecht der Eltern sowie in ihr Recht, die Grundrichtung der Erziehung zu bestimmen, kann nur ein Familiengericht eingreifen. Werden diese Rechte einem bezirklichen Jugendamt übertragen, ist die Ausübung der vormundschaftlichen Obliegenheiten einer Mitarbeiterin bzw. einem Mitarbeiter des Jugendamtes zu übertragen, die bzw. der bei der Ausübung der Personensorge nicht weisungsgebunden ist. Die geltende Schulpflicht ist von diesen Regelungen unberührt. Für deren Einhaltung nach einer Inobhutnahme sorgen die Betreuungskräfte der Notaufnahmeeinrichtung. Bei den Trägern der Hilfe zur Erziehung übernehmen Erziehungspersonen die Vertretung der Personensorgeberechtigten gemäß § 38 SGB VIII und damit die Verantwortung für die Einhaltung der Schulpflicht, soweit die Personensorgeberechtigten nichts anderes bestimmen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

1. a) In wie vielen Fällen wurde 1996, 1997 und 1998 die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII veranlasst? (Bitte nach Alter der Inobhutgenommenen aufschlüsseln.)
Siehe nachfolgende Aufstellung der Inobhutnahmen im KJND: Altersgruppe 00 bis unter 6 Jahre 06 bis unter 14 Jahre 14 bis unter 18 Jahre Summe davon Nichthamburger 1996 16 328 613 957 320 1997 11 307 761 1079 343 1998 (bis 31. August) 13 194 486 693 224

Bürgerschaftsdrucksachen – außer Senatsvorlagen – sind – gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier – zu beziehen bei: Druckerei Wartenberg & Söhne GmbH, Theodorstraße 41 w, 22761 Hamburg, Telefon 89 97 90 - 0


Drucksache 16/1463

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 16. Wahlperiode

1. b) In wie vielen Fällen hat der Personensorgeberechtigte der Inobhutnahme widersprochen und in wie vielen Fällen erfolgte danach eine Entscheidung des Familiengerichtes?
Nach den Erfahrungen des KJND erfolgen Widersprüche bei der Unterbringung im KJND äußerst selten. Eine genaue statistische Erfassung würde die Durchsicht aller Akten voraussetzen. Das ist in der für die Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Im Interesse des Kindes oder Jugendlichen strebt der KJND stets ein einvernehmliches Vorgehen mit den Personensorgeberechtigten an.

2. a) In wie vielen Fällen wurden im selben Zeitraum Hilfen zur Erziehung nach § 33 und § 34 SGB VIII Kindern und Jugendlichen gewährt, deren Eltern weiterhin im Besitz des Sorgerechtes sind, hingegen das Aufenthaltsbestimmungsrecht abgetreten haben? (Bitte nach Alter der Inobhutgenommenen aufschlüsseln.)
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Anzahl laufender und beendeter Hilfen nach §§ 33 und 34 SGB VIII, bei denen eine Pflegschaft bestand: Jahr 1996 davon 0 bis unter 6 Jahre davon 6 bis unter 14 Jahre davon 14 bis unter 18 Jahre 1997 davon 0 bis unter 6 Jahre davon 6 bis unter 14 Jahre davon 14 bis unter 18 Jahre 1998 (bis 31. August) davon 0 bis unter 6 Jahre davon 6 bis unter 14 Jahre davon 14 bis unter 18 Jahre insgesamt 319 73 163 83 329 68 171 90 296 56 150 90 davon stationäre Hilfen nach § 34 SGB VIII 228 42 121 65 226 33 125 68 202 26 107 69

2. b) Inwieweit werden die Eltern dieser Kinder und Jugendlichen in die Hilfeplanung integrier t? c) Wird von Vertretern der Jugendbehörde mit diesen Eltern zur Klärung der familiären Situation noch vor Aufstellung eines Hilfeplans ein Gespräch geführt? d) In welchem Umfang werden diese Eltern über die Erfolge der im Hilfeplan vorgesehenen Ziele informiert?
Hilfen zur Erziehung nach §§ 33 und 34 SGB VIII werden von den Eltern beantragt. Vor Aufstellung eines Hilfeplans erfolgt eine eingehende Problemanalyse, in deren Zusammenhang Gespräche mit den Eltern geführt werden. Die jeweils zuständigen bezirklichen Jugendämter beziehen die Eltern in die Hilfeplanung ein, es sei denn, dass das Familiengericht dazu eine andere Regelung getroffen hat. Die Eltern werden mit ihrer Teilnahme an Erziehungskonferenzen und an Beratungsgesprächen in die Hilfeplanung integriert.

2. e) Wie wird sichergestellt, dass die Eltern ihren Pflichten als Sorgeberechtigte nachkommen?
Kommen die Eltern ihren Pflichten als Sorgeberechtigte bzw. den mit ihnen im Rahmen der Hilfeplanung getroffenen Vereinbarungen nicht nach, entfällt die Basis für die erzieherische Hilfe nach § 27 ff. SGB VIII und die Hilfe ist zu beenden. Das Jugendamt hat, unabhängig davon, ob eine erzieherische Hilfe bewilligt wurde, das Familiengericht anzurufen, wenn es dessen Tätigwerden zur Abwendung einer Gefährdung des Wohls des Kindes für erforderlich hält.

2. f) Inwieweit werden diesen Eltern Unterstützungen im Sinne des § 28 SGB VIII gewährt und welche Möglichkeiten besitzen die Eltern bei Abtretung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, diese Hilfen in Anspruch zu nehmen?
Leistungen gemäß § 28 SGB VIII erhalten alle Eltern, soweit dies im Einzelfall die geeignete und notwendige Hilfeform ist, und zwar unabhängig davon, ob sie das Sorgerecht für ihre Kinder ausüben.

2. g) Inwieweit werden seitens der Behörde Maßnahmen ergriffen, um eine Rückkehr in die Familie zu ermöglichen?
Bei Hilfen zur Erziehung, die außerhalb der Herkunftsfamilie durchgeführt werden, trifft der Hilfeplan Aussagen darüber, ob das Kind oder der Jugendliche im Anschluss an die Hilfe wieder in seine Familie zurückkehren oder ob eine andere dauerhafte Lebensperspektive eröffnet werden soll. In den Fällen, in denen eine Rückkehr erfolgen soll, legt der Hilfeplan fest, wie und in welchem Zeitraum die Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie verbessert und wie die Beziehungen des Kindes zu seiner Familie im Hilfeverlauf gefördert werden sollen. 2


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Drucksache 16/1463

3. a) Die Entscheidung über die Auswahl der Hilfen und der Einrichtung wird gemäß § 36 SGB VIII im Zusammenwirken der Fachkräfte der Jugendhilfe und der Personensorgeberechtigten getroffen (Drucksache 16/1257). Nach welchen Kriterien berät dabei die Fachkraft der Jugendhilfe den Personensorgeberechtigten?
Ausschlaggebend für die Auswahl einer Hilfe oder einer Einrichtung ist deren Eignung für den jeweiligen Einzelfall. Dabei wird geprüft, inwieweit die Einrichtung oder die Pflegeperson in der Lage ist, mit ihren jeweiligen Kompetenzen und Möglichkeiten die im Hilfeplan festgelegten Ziele umzusetzen. Die Eltern haben das Recht, zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger zu wählen und Wünsche hinsichtlich der Gestaltung der Hilfe zu äußern. Die Kinder und Jugendlichen sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen zu beteiligen.

3. b) Wie ist bei der Auswahl der Einrichtung die Zusammenarbeit zwischen Hamburg und anderen Bundesländern geregelt?
Bei der Auswahl einer Einrichtung außerhalb Hamburgs werden die zuständigen Fachkräfte von der bezirklichen Unterbringungsberatung sowie von der beim Jugendamt des Bezirks Harburg bestehenden zentralen Heimplatzvermittlung unterstützt. In besonderen Fällen berät auch das Amt für Jugend über auswärtige Träger und Projekte. Nimmt ein bezirkliches Jugendamt einen auswärtigen Träger zur Durchführung einer Hilfe zur Erziehung in Anspruch, ist vorher zu prüfen, ob für die jeweilige Einrichtung eine Betriebserlaubnis des jeweiligen Landesjugendamts vorliegt.

3. c) Wie viele Hamburger Kinder und Jugendliche waren 1996, 1997 und sind 1998 in anderen Bundesländern untergebracht? In wie vielen Fällen war dies auf Wunsch der Kinder und Jugendlichen der Fall?
Hilfen zur Erziehung in anderen Bundesländern werden überwiegend auf der Rechtsgrundlage von § 34 SGB VIII durchgeführt. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Anzahl laufender und beendeter Hilfen (die Wünsche der Kinder und Jugendlichen hinsichtlich Unterbringung in anderen Bundesländern werden statistisch nicht erfasst): in anderen Bundesländern bei außerhamburgischen Trägern 621 771 695 in anderen Bundesländern bei Hamburger Trägern 361 363 325 Summe der Hilfen in anderen Bundesländern 982 1134 1020

Jahr

Hilfen insgesamt 2766 2856 2518

1996 1997 1998 (bis 31. August)

Darüber hinaus werden auch Hilfen auf der Rechtsgrundlage von § 33 SGB VIII außerhalb Hamburgs durchgeführ t. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Anzahl dieser laufenden und beendeten Hilfen:

Pflegekinder außerhalb Hamburgs
Jahr 1996 1997 1998 (bis 31. August) Pflegekinder 225 256 251

3. d) Wie viele Kinder und Jugendliche aus Hamburger Umlandgemeinden waren 1996, 1997 und sind 1998 in Hamburger Einrichtungen untergebracht? In wie vielen Fällen war dies auf Wunsch der Kinder und Jugendlichen der Fall?
Dies wird statistisch nicht erfasst und kann in der für die Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Aufwand nicht ermittelt werden.

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